Kampf um den Goldenen Springer
Mit dem Herz eines Boxers
Vom 18. bis 20. Januar wurde die Schach-Pokalmeisterschaft um den Goldenen Springer des Hessischen Schachverbands im K.O.-System über 6 Runden ausgetragen. Die Regeln: Geht die Partie Remis aus wird zweimal geblitzt, danach wird eine Armageddon-Partie gespielt.
Dabei hat der Spieler mit den weißen Figuren fünf, sein Gegner vier Minuten Bedenkzeit. Bei einem Remis gewinnt Schwarz den K.O.-Entscheid. Die durch K.O. ausscheidenden Spieler können aber den Wettbewerb in einem Turnier nach Schweizer System fortführen.
Der unhaltbare Zustand, dass der SC Matt im Park keine goldene Ehrennadel vergibt und mein Revers daher immer noch vollkommen blank ist, veranlasste mich zur Reise nach Frankfurt-Griesheim. Also K.O. Runde. Mir fiel das schöne Lied des fünffachen Deutschen Boxmeisters der 50er Jahre, Peter Müller, ein:
Aber musste es gleich ein Schwergewicht sein mit einer DWZ von 2134? Aber auch hier war Peter Müller mein Lieblingsphilosoph: „Rädebomm, dä Jong dä fällt nit om…“. Bis zur 23. Runde hielt ich mich mit Schwarz bei Vorteilen meines Gegners, doch dann: Eine Aufgabe für die Strategen.
Welchen Verteidigungszug sollte Schwarz auf keinen Fall spielen und was wäre stattdessen machbar?
Genau. g7-g6 gibt die Kontrolle über f6 auf und der weiße Springer wird über e3 und g4 auf f6 zum goldenen. Außerdem wird dem Blech-Springer auf f8 der spätere Weg nach g6 versperrt. Stattdessen mit b4 den Minoritätsangriff fortsetzen. 1:0 und ich muss mich bei der nächsten Mitgliederversammlung für die Einführung der Goldenen Ehrennadel bei besonderen Verdiensten um die Weiterentwicklung der Schachstrategie einsetzen.
Immerhin hatte ich nun etwas gemeinsam mit Sonny Liston (gegen Cassius Clay) und Peter Müller (gegen Bubi Scholz): K.O. in der ersten Runde. Mit dem Herzen eines Boxers ging es weiter, immer weiter im nun folgenden Schweizer Modus. Wie sang schon Max Schmeling:
Das Herz eines Boxers kennt nur eine Liebe:
Den Kampf um den Sieg ganz allein.
Das Herz eines Boxers kennt nur eine Sorge:
Im Ring stets der erste zu sein.
In der zweiten Partie mit Weiß: Wie erringt Weiß einen Vorteil?
Richtig! Das goldene Springerlein wird den Bauern gewinnen: 16. Lxb6 axb6 17. Sxe5 Sxe5 18. Sxe7+ Dxe7 19. Lxh5 Tad8 20. De2 Tf5 21. Bf3 Sxf3+ 22. Dxf3 Te5 23. Kf1. Und Sieg nach Punkten im Endspiel.
Mit guten Vorsätzen ging es mit Schwarz in die 3. Runde. Vergnügt pfiff ich den René Weller Rap („der schöne René“, 9-facher Deutscher Boxmeister)
Aufwärtshaken und rechte Schwinger
Voller Einsatz und ohne linke Dinger
Werde fighten, rangehen, bis die Schwarte kracht
Werd‘ ihn schlafen legen, wünsch ihm „Gute Nacht!“
Eine harte Nuß für die Taktikfreunde:
Wie gewinnt Schwarz im 11. Zug entscheidend Material. Achtung! Denkt an den goldenen Springer.
Richtig! Der Springer holt sich den Turm auf h1.
Ring frei für die 4. Runde mit Weiß. Wie rettet Weiß am Zug das (wahrscheinliche) Remis?
Richtig! Ke2. Es folgte aber Dc2 und nach TxT geht die weiße Dame zu Boden. Was für eine Blamage. Max Schmeling, du hast das gekannt:
Wenn er nur einmal den Kampf nicht besteht,
wer nimmt noch seine Partei?
Nichts als der Spott ist der Dank, wenn er dann geht.
Nach diesem Tiefschlag besann ich mich in meiner Ring-Ecke auf die Verstärkung meiner Deckung und spielte die Fort-Knox Variante in der Französischen 1. e4 e6 2. d4 d5 3. Sd2 dxe4 4. Sxe4 Ld7. In der folgenden Stellung überlegte ich b6.
Getreu der GO-Weisheit „Verwirf das Kleine, nimm das Große“ sah ich nach c6 Txd6, dass c7 zur Dame geht. Gerade noch rechtzeitig erblickte ich den goldenen Springer, der das Kleine nehmen kann. Mein Gegner sah es nicht. Also 1… b6 2.c6 Sxc6 3.La3 und Remis angenommen.
Der Gong ertönt, Ring frei zur letzten Runde mit Weiß. Ein Festival der Springer.
Schwarz zieht Se7-c6? statt h6! Nach e6 hält Schwarz mit richtigem Spiel (f6!) den Ausgleich. Aber: Sxe6 Lxe6 fxe6 Sxe6 gewinnt den Turm. Wie du mir so ich dir, dachte sich Schwarz.
In der folgenden Stellung spielte ich Txb6. Wie antwortete Schwarz?
Sc4 droht auch Se3+ und nach einiger Zeit Remis.
Trost fand ich bei Johann „Hans“ Orsolics, der frühere österreichische Europameister im Halbweltergewicht. Sein Standard nach einem schlechten Kampf:
„Ich konnte mich auf meinen Gegner nicht einstellen, er war sehr schwer zu boxen.“
Der Goldene Springer, ein schönes Traditions-Turnier (seit 1951) mit dem gewissen Extra. Gute Organisation des Turnierleiters. Im Finale gewann Hagen Poetsch durch Blitzpartien gegen Igor Zuyev. Die beiden sind für die Deutsche Schach-Pokalmeisterschaft, Dähne- Pokal, im Jahr 2019 spielberechtigt.