MIP II gegen Bad Vilbel II
Die 2. Mannschaft von Matt im Park bestritt gestern, am 22.11. 2015 ihr drittes Bezirksligaspiel und erschien in dieser Saison erstmalig vollständig, soll heißen mit 8 Spielern.
Da ich bisher bei solchen Anlässen durch kleinbürgerliches Verhalten auffällig geworden bin (penetrant über-pünktliches Erscheinen im Spiellokal zum Beispiel), entscheide ich mich heute weltmännisch um 13:50 dafür, nicht das Spiellokal zu betreten, sondern in einem Café, welches sich ein paar Häuser weiter befindet, noch einen doppelten Espresso zu mir zu nehmen. Ich muss jedoch leider feststellen, dass mir die Grandezza die meine Mannschaftskameraden in solchen Situationen auszeichnet, abgeht. Ich rutsche ungeduldig auf meinem Schemel herum, mahne den Ober zur Eile, stürze mein Getränk hinunter und erreiche das Spiellokal trotz meines Vorsatzes, mich dem bei MiP gepflegten Habitus der akademischen Viertelstunde anzupassen, wieder spießig pünktlich.
Im Spiellokel angekommen verkündet unser Vereinspräsident Karsten Wanie mir freudestrahlend, dass er mich heute erkenne und nicht, wie beim letzten (Anm. d. R., nein nicht der letzte…) Mannschaftskampf, für einen Spieler des Gegners halte. Wenn man berücksichtigt, dass ich das einzige noch verbliebene Gründungsmitglied des Vereins aus dem Jahre 1998 bin, kann man konstatieren: Es hat zwar etwas gedauert, aber so langsam scheine ich im Verein angekommen zu sein.
Zusammen mit mir trudelt die übliche, ausschließlich männliche Schachspielerschar aus Bad Vilbel, von den Sportfreunden und eben von MiP im Spiellokal ein. Da ich diesmal eine Partie von normaler Dauer zustande gebracht habe, sind mir die Ereignisse der ersten beiden Stunden des Mannschaftskampfes an den anderen Brettern nicht vertraut und ich beginne darum, wie es die Höflichkeit eigentlich verbietet, mit mir selbst.
Ich spiele am 8. Brett gegen einen Riesen aus Bad Vilbel. Ich eröffne mit den weißen Figuren und dem Zug e4. Da sich mein Gegner weder für e5, noch für c5 entscheidet, sondern für e6, bin ich verwirrt und habe keinen Plan. Ich spiele mit den Zügen d4 und e5 weiter. Im Verlauf des Spieles konzentriert mein Gegner sich darauf, meine Rochade zu vereiteln, was ihm nicht gelingt. Daraufhin versuche ich nun selbiges bei ihm, was ebenfalls misslingt. Nachdem die Damen, beide Springer, des Gegners schwarzer und mein weißer Läufer sowie jeweils 2 Bauern abgetauscht wurden, biete ich Remis an.
Wie mir Karsten später versicherte, sei meine Stellung zu diesem Zeitpunkt strategisch brenzlig gewesen. Glücklicherweise hat mich jedoch niemand über meine prekäre Lage informiert, sodass ich mit sattem Selbstbewusstsein die meines Erachtens auf Remis stehende Stellung analysiere. Mein Gegner ist offenbar Opfer der gleichen Sinnestäuschung, denn er kontaktiert seinen Mannschaftsführer, um sich dessen Zustimmung für das Unentschieden einzuholen. Der Mannschaftsführer ist ebenfalls ein Riese, der bereits häufig wie ein Kranich am Fischteich über unser Brett gebeugt stand, sodass ich befürchten musste, er stoße alsbald darauf hinab. Jedenfalls verbietet er meinem Kontrahenten das Remis. Dieser kehrt, wie ich zu erkennen glaube leicht konsterniert, ans Brett zurück. In Ermanglung einer Eingebung von Durchschlagskraft, setze ich alle meine Figuren auf schwarze Felder, weil mein Gegenüber einen weißen Läufer sein eigen nennt. Mein schwarzer Läufer scheint beim Gegenspieler den umgekehrten Reflex auszulösen. Der Vilbeler Riese versucht noch, einen rückständigen Bauern von mir mit beiden Türmen anzugreifen, aber ich kann den Bauern mit meinem Läufer problemlos verteidigen. Nachdem der Kranich die Situation ein weiteres Mal in Augenschein genommen hat, gewährt er seinem Eleven mir die Hand zu geben. Zu diesem Zeitpunkt haben Lorenz und Geralf bereits ebenfalls remisiert und Bernd hat schon verloren.
Neben mir an Brett sieben hat Marc eine satte Gewinnstellung vor sich. Herbert erreicht durch eine Springergabel den Gewinn eines Turmes und die postwendende Aufgabe des Gegenspielers. Walter spielt zwar noch, aber viel Freude kann das nicht mehr machen. Die Stellung ist vollkommen aussichtslos; ein langsames, systematisches Abschlachten der auf dem Spielfeld verbliebenen Restarmee. Es sind nun drei Stunden vergangen und Jörg sowie sein Gegner sinnen über dem 14. Spielzug. Was man von Jörg nicht kennt ist die Tatsache, dass er zwar nicht mehr allzuviel Zeit hat (also das kennt man von ihm schon), aber er hat deutlich mehr Zeit als sein Gegner. Wir befürchten, er könnte vielleicht unter der ungewohnten Situation leiden, denn er verbirgt sein Haupt auch nicht wie üblich unter der Kapuze seiner Jacke und sein Kopf ist auch nicht rot wie ein Lampion – alles klassische unddie Mannschaftskameraden beruhigende Begleiterscheinungen einer Jörg Wilke Standardpartie.
Walters Armeen sind nun restlos aufgerieben. Es steht 3,5 : 2,5 für die Vilbeler. An Marcs Brett hat sich leider Unerfreuliches ereignet. Durch einen Damentausch und weitere unglückliche Züge steht er nun leider auf Verlust. Bei Jörg ist die zeitliche Situation dergestalt, dass beim 17. Zug aufs Jörgs Uhr noch satte 10 Minuten angezeigt werden, während der Gegner nur noch weniger als fünf Minuten Zeit hat.
Während ich in der Erwartung einer blitzartigen Zugfolge, wie sie ja eigentlich unter den gegebenen Umständen unausweichlich ist, gespannt an Jörgs Brett verharre, wo sich aber nichts tut, kann Marc an seinem Brett im 60. Zug oder so wieder eine Remisstellung vorweisen. Keine Ahnung, wie es dazu kam.
Jörg steht nun deutlich besser und der Gegner ist in akuter Zeitnot. Die Partie geht an uns. Was immer sich bei Marc zugetragen hat, wo die entscheidenden Züge immerstattzufinden scheinen, wenn ich mich abwende, er verliert doch noch. Ich bekomme noch einen kleinen Streit mit, in dem es um eine SMS geht, die Marc versendet, weil er sich verspäten wird und die vom Gegner als „Spielbetrug“ hingestellt wird, sowie einen bestätigenden Blick, den der Gegner für einen Zug von Manschaftskollegen einholt. Leider verlieren wir denkbar knapp mit 3,5 : 4,5. Über die Spiele der ersten Mannschaft im gleichen Raum schweige ich mich aufgrund mangelnder Kompetenz aus. Gut, ihr werdet sagen, Bela Rethy kommentiert ja auch Champions League Spiele, aber auf das Niveau möchte ich nicht sinken.
Abschließend eine große Klage: Ich erkundige mich bei meinem Mannschaftsführer Jörg, ob und wo wir nun hingehen, um bei einem Bier die Spiele zu analysieren. Ich erfahre, „dass die zweite Mannschaft sich schon lange nach den Spielen nicht mehr trifft – zum Schluss sei selbst der Frank Weber da nicht mehr hingegangen“. Nun gut. Was sollte er da auch alleine? Jörg sagt mir, die erste Mannschaft „mache sowas aber“. Ich frage also Reiner Kästle wo sie sich nun treffen. Reiner antwortet sinngemäß: Ja, das organisiert ja immer der Karsten und der ist jetzt schon weg. Ei leck‘ mich am Arsch (ich hoffe den Satz redigiert mir der Karsten nicht wieder raus). Wenn der Karsten nicht da ist, kann die erste Mannschaft nicht die logistische Leistung aufbringen, zusammen imFrankfurter Nordend eine Gastwirtschaft zu finden? (Anm. d. R.: Wir waren im Nordend Kebap Haus) Die zweite Mannschaft hat diesen Brauch, der vermutlich in jedem anderen Schachclub praktiziert wird, einfach absterben lassen? Armes Matt im Park. Echt matt.
Anm. d. R.: Die Erste hat die SF Frankfurt dafür mit 4,5 zu 3,5 knapp geschlagen und hat diesen Sieg natürlich gefeiert und nimmt das nächste Mal unser Urgestein Randolf selbstverständlich mit – sofern wir ihn erkennen.